Udo Mainz: Wie begegnen Ihnen eigentlich die Männer von betroffenen Frauen?
Annette Rexrodt von Fircks: Viele betroffene Männer erzählen oder schreiben mir von ihren Empfindungen: „Diese unerträgliche Machtlosigkeit, das Nichts-tun-Können, das Mitansehen-Müssen, wie der andere leidet, das raubt einem regelrecht den Verstand und bringt einen fast um.“ Auch für sie steht die Welt erst einmal kopf, wenn der geliebte Mensch lebensbedrohlich erkrankt. Alles wird in Frage gestellt, die Liebe ist nicht mehr „selbstverständlich“, gemeinsame Pläne zerbrechen. Von jetzt auf gleich gilt es, eine ganz neue Sprache, nämlich die der Krebserkrankung und der Therapie, zu erlernen und ein gänzlich fremdes Land zu betreten – die Krebsstation in der Klinik, das onkologische Zentrum am Ort; aber auch ein Land der Ängste, der Ungewissheit, der Traurigkeit und der Einsamkeit. Alles treibt den Mann, die geliebte Partnerin in jeder Hinsicht zu stützen, sie zu trösten und zu stärken. Ist er Vater von kleinen Kindern, ist das Weh doppelt schlimm. Zumeist muss er auch noch im Beruf „seinen Mann“ stehen. So lebt er plötzlich zeitgleich in mehreren befremdlichen Welten und fühlt sich völlig überfordert. Selten wird er gefragt, wie es ihm geht. Daher bieten wir den betroffenen Männern in der Reha-Maßnahme „gemeinsam gesund werden“ in Grömitz eine von einer Psychologin geleitete eigene Gesprächsgruppe. Es ist wichtig, dass ebenso die Partner mit Sorgen, Ängsten und der Traurigkeit umzugehen lernen, damit sie die Zügel des Lebens wieder in ihren Händen spüren. Und es ist hilfreich, dass sie auch an sich selbst denken, Freunde treffen, den Hobbys weiterhin nachgehen und sich jeden Tag erneut die Frage stellen, was sie Gutes für sich selbst tun können.