„Wie mir ein Kinderfoto das Leben rettete …“

Kinderaugenkrebs ist gut erkennbar

Bartosz Laboga erkrankte im Kleinkindalter an Kinderaugenkrebs (Retinoblastom). Lesen Sie hier, was es mit dieser seltenen Diagnose auf sich hat, wie er wieder gesund wurde und sein Leben meisterte.

Unser Interview

GesundheitPlus: Herr Laboga, es gibt da ein Thema, das Ihnen am Herzen liegt, nämlich auf Kinderaugenkrebs aufmerksam zu machen. Wie kommt es dazu und was hat das mit Ihnen zu tun?

Bartosz Laboga: Ja, genau, ich habe mich dazu entschlossen, über Kinderaugenkrebs zu sprechen, der auch als Retinoblastom (RB) bekannt ist, um damit die Krankheit bekannter zu machen. RB ist eine unheimlich schnell wachsende, aggressive und zerstörerische Form von Augenkrebs. Jedes Jahr wird diese Krankheit bei 8.000 Kindern, meistens jünger als zwei Jahre, diagnostiziert. Leider ist diese Art von Krebs aber nicht sehr bekannt und die meisten Eltern hören zum ersten Mal bei der Diagnose davon. Dieses Thema ist für mich sehr persönlich, da ich selbst ein RB-Überlebender bin. Und ich möchte meine Geschichte nicht länger für mich behalten. Ganz im Gegenteil: Ich möchte nun offen darüber reden und erhoffe mir, dass ich so Kindern und Eltern helfen kann, die möglicherweise von dieser schrecklichen Krankheit betroffen sind.

Ich war ungefähr zwei Jahre alt, als ich die Diagnose RB erhielt. Es war sehr schnell klar, dass mein linkes Auge entfernt werden musste. Das war ein Schock, gerade auch für meine Eltern. Glücklicherweise konnte durch die frühe Erkennung, eine eindeutige Diagnose und entsprechende Behandlung eine Streuung des Krebses vermieden werden und ich wurde wieder gesund. Aber RB hat mein ganzes Leben geprägt.

GesundheitPlus: Wirkt sich RB immer noch auf Ihr Leben aus, und inwiefern?

Bartosz Laboga: Ich hatte Glück, denn mein rechtes Auge ist gesund und hat sozusagen das Sehen komplett übernommen. Daher kann ich ein glückliches, erfolgreiches und unabhängiges Leben führen. Ich habe nie zugelassen, dass meine Behinderung meinen Plänen und Ambitionen im Weg steht. Ich habe mit meiner Graduation in Ökonomie und MBA meine akademischen Ziele erreicht. Seit 20 Jahren verfolge ich meine Karriere im Bankensektor. Monokulare Sicht (einäugiges Sehen) behindert mich auch nicht beim Sport: Ich liebe Radfahren, Schwimmen und Wandern. Aber es ist nun mal so: Einen wichtigen Teil seines Körpers zu verlieren ist dauerhaft und unumkehrbar. Man selbst und auch das eigene Umfeld müssen lernen, damit zu leben. Dies ist oft mit der Angst verbunden, dass sich die Sehkraft vielleicht doch verschlechtern könnte, und auch, ob man trotz der Beeinträchtigung vom Umfeld akzeptiert wird, so wie man ist.

GesundheitPlus: In welchem Alter sind Kinder betroffen?

Bartosz Laboga: Verschiedene Studien haben übereinstimmend herausgefunden, dass rund 85 Prozent der RB-Fälle bei Kindern im Alter von bis zu zwei Jahren diagnostiziert werden und dass es so gut wie keine Fälle bei Kindern älter als fünf Jahre gibt. Ungefähr zwei Drittel der RB-Fälle werden an einem Auge diagnostiziert, aber leider sind bei über einem Drittel der Fälle beide Augen betroffen. Daher sind für ein erfolgreiches Bekämpfen der Krankheit frühzeitiges Screening, Erkennen, eine eindeutige Diagnose und entsprechende Behandlung unheimlich wichtig.

GesundheitPlus: Wie sind die Heilungschancen?

Bartosz Laboga: In Ländern mit hohem Einkommen werden neun von zehn Kindern mit RB geheilt. Dabei sollte man nicht vergessen, dass eine Heilung leider häufig mit dem Verlust der Sehkraft eines oder gar beider Augen einhergeht. Weltweit sieht es leider nicht ganz so gut aus, da die Überlebenschance durchschnittlich nur bei circa 30 Prozent liegt, hauptsächlich aufgrund dessen, dass die Krankheit in vielen Ländern in der Öffentlichkeit und auch in der Medizin nicht wirklich bekannt ist, erst spät behandelt wird, der Zugang zum Gesundheitswesen schwierig ist oder einfach aus sozio-ökonomischen Gründen.

GesundheitPlus: Wie wird diese Art von Krebs behandelt?

Bartosz Laboga: Ziel der Behandlung ist es, den Krebs zu entfernen und das Leben des Kindes zu retten. Leider bedeutet dies in vielen Fällen, dass das betroffene Auge operativ entfernt werden muss. In einem sehr frühen Stadium ist das Ziel, das Auge und so viel Sehkraft wie möglich zu erhalten. Dies ist besonders wichtig, wenn RB in beiden Augen diagnostiziert wird. In diesen Fällen wird der Krebs lokal behandelt, z. B. durch Lasertherapie, Kältetherapie (Kryotherapie) oder Wärmetherapie (Thermotherapie). Wenn der Tumor schon größer ist, kann er auch mit Chemotherapie oder Bestrahlung (Radiotherapie) behandelt werden.

Wie ich bereits erwähnte, ist es extrem wichtig, die Krankheit frühzeitig zu entdecken. RB ist ein aggressiver und schnell wachsender Tumor, der sozusagen direkt neben dem Gehirn liegt und so lebensbedrohliche Metastasen ausbilden und streuen kann.

GesundheitPlus: Aber es gibt da etwas, was Eltern, Freunde und Verwandte tun können ...

Bartosz Laboga: Ja, genau, und das ist mir sehr wichtig: Im Gegensatz zu anderen Krebsarten gibt es die Chance, RB sehr früh und auf einfache Art und Weise zu entdecken. Sogar zu Hause und ohne irgendwelche ausgeklügelten Geräte. Das häufigste Symptom bei RB ist eine „strahlende“ weiße Pupille, wird oft auch als „Katzenauge“ (Leukokorie) beschrieben, die unter bestimmten Lichtbedingungen, besonders bei Fotoaufnahmen mit Blitz, eindeutig zu sehen ist. Genau das war auch bei mir der Fall. Nachdem dies meinen Eltern immer wieder auf Fotos aufgefallen ist, sind sie mit mir zum Arzt gegangen.

Wir leben in einem Zeitalter, in dem bei jeder Gelegenheit Selfies und Hunderte von Fotos gemacht werden. Auch wenn das manchmal sehr nervt, könnte das Leben retten. Wenn wir wissen, auf was wir achten müssen und in einem oder beiden Kinderaugen ein weißes Leuchten sehen, sollten wir unbedingt und unverzüglich mit dem Kind einen Arzt aufsuchen.

Die KinderAugenKrebsStiftung (KAKS) bietet zusätzlich auf ihrer Website eine kostenlose White-Eye-Detector-App an, um RB frühzeitig zu erkennen.

GesundheitPlus: Wo bekommt man weitere Informationen?

Bartosz Laboga: Wenn Sie mehr über Kinderaugenkrebs erfahren möchten, würde ich mit qualitativ hohen Informationen im Internet beginnen. Eine der besten Quellen ist die bereits erwähnte KinderAugenKrebsStiftung (www.kinderaugenkrebsstiftung.de). Die Stiftung, die bereits ausgezeichnet wurde, macht auf RB aufmerksam und veröffentlicht wissenschaftliche Studien. Außerdem unterstützt KAKS betroffene Kinder sowie deren Eltern und stellt ein Netzwerk für Betroffene und RB-Überlebende zur Verfügung. Darüber hinaus koordiniert sie auf internationaler Ebene Projekte in Entwicklungsländern. Nebenbei: Denken Sie doch einmal darüber nach, die Arbeit der Stiftung zu unterstützen.

GesundheitPlus: Vielen Dank, Herr Laboga, dass Sie uns Ihre Geschichte erzählt haben. Ich weiß, dass das nicht einfach war. Aber ich bin mir auch sicher, dass unsere Leserinnen und Leser von nun an bei Kinderfotos genauer hinsehen.

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Veröffentlicht am: 07.02.2023 - Zuletzt geändert am: 12.02.2024